Ältere Migranten
Wenn die Verständigung immer schwerer fällt
© Cara-Foto – Fotolia.com
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In Deutschland haben rund 1,5 Millionen Menschen über 64 Jahre einen Migrationshintergrund. Im Jahr 2030 wird sich diese Zahl bereits verdoppelt haben. Die meisten von Ihnen sind als junge Erwachsene in den 1960er und frühen 1970er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, arbeiteten und leben hier also mehrere Jahrzehnte. Insbesondere durch ihre in Deutschland lebenden Kinder und Enkel sind sie hier inzwischen heimisch geworden und in ihren ursprünglichen Heimatländern sind sie nur noch wenige Wochen oder Monate im Jahr zu Gast.
Dennoch geht es Ihnen, wie den meisten älteren Menschen: Es fällt Ihnen immer schwerer in einer Fremdsprache zu kommunizieren und sie haben daher das große Bedürfnis, wieder überwiegend ihre Muttersprache zu benutzen. Dies liegt daran, dass mit zunehmendem Alter die Gedächtnisspuren aus den kürzer zurückliegenden Lebensabschnitten rascher verwischen, als jene aus Kindheit und Jugend. Wenn dann die ersten Anzeichen einer Demenz eintreten, ist es ihnen sogar gar nicht mehr möglich Deutsch zu sprechen. (siehe: www.deutsche-alzheimer.de)
Und dass sie in Deutschland – anders als in ihren ursprünglichen Heimatländern üblich – häufig nicht im selben Haushalt mit ihren Kindern und Enkeln wohnen, verschärft für viele noch einmal ihre Lage.
Wir wollen in NOVAMILIAs einen guten Kompromiss zwischen den Extremen der sprachlichen Isolierung Einzelner und der Gettoisierung von Gruppen schaffen, indem wir in einer NOVAMILIA jeweils Migranten einer Muttersprache konzentrieren, aber deren Anzahl auf jeweils maximal 15 Personen begrenzen.
In Kombination mit der Gesamtgröße von 75 bis 100 Bewohnern ist so sichergestellt, dass niemals mehr als 20 Prozent der Bewohner einer NOVAMILIA eine bestimmte fremde Muttersprache sprechen. Denn es liegt sowohl im Interesse der Migranten als auch der Gesellschaft, dass die Bemühung um Integration nie gänzlich aufgegeben wird. Durch den freundlichen und toleranten Umgang der Bewohner miteinander wird der Gebrauch der Landes- und Amtssprache, also in Deutschland des Deutschen, auf spielerische unkomplizierte Weise immer wieder gefordert und gefördert, ohne dass dadurch jemand ausgegrenzt oder überfordert wird.
Hat ein Land mehrere Amtssprachen (wie z.B. in der Schweiz) oder gibt es weitere regionale Amtssprachen (wie z.B. das Dänische im deutschen Schleswig Holstein oder das Ungarische im österreichischen Burgenland) so sind dort selbstverständlich nebeneinander NOVAMILIAs mit jeweils unterschiedlicher Hauptsprache möglich.
Innerhalb der Untergruppen von bis zu 15 Personen wird auch eine Altersmischung angestrebt, also neben den Senioren mit Migrationshintergrund sollen auch jüngere Bewohner derselben Muttersprache dazugehören. Dies hat mehrere Vorteile:
Wenn wir unsere Vision verwirklicht haben, dass es in den meisten größeren Städten der Welt ebenfalls NOVAMILIAs gibt, funktioniert der letztgenannte Punkt der temporären Aufnahme ausländischer Gäste natürlich auch anders herum. Man stelle sich vor: Ich reise z.B. nach New York, Rio de Janeiro oder Buenos Aires und finde in den dortigen NOVAMILIAs nicht nur eine Unterkunft, sondern deutschsprachige Einheimische, die mir mit Freuden Land und Kultur näher bringen.
Ferner sind die Bewohner mit Migrationshintergrund eine kulturelle Bereicherung für eine NOVAMILIA und tragen unter den NOVAMILIAs einer Stadt zur bunten Vielfalt bei. Ich persönlich würde wahrscheinlich zwischen einer italienisch und einer chinesisch geprägten NOVAMILIA schwanken. Die erste, weil ich italienisches Essen liebe und die zweite, weil mich die chinesische Kultur fasziniert.
Darüber hinaus erleichtern diese Sprach- und Kulturinseln innerhalb einer NOVAMILIA über deren Kontakte ins Ausland die internationale Verbreitung der NOVAMILIA-Idee und tragen zur Völkerverständigung bei.