die optimale Gruppengröße
warum eine NOVAMILIA 75 bis 100 Bewohner hat
© vbaleha / Fotolia.com
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Mit steigender Gruppengröße kann die gefühlte Gemeinschaftlichkeit sinken und auch sehr konkret die gegenseitige Hilfsbereitschaft zurückgehen. (siehe Verantwortungsdiffusion)
Ferner können die Aufwände für Kommunikation, Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse in großen Gruppen deutlich höher sein, weshalb z.B. im Unternehmensumfeld optimale Teamgrößen unter 10 und maximale Arbeitsgruppengrößen von 15 Mitarbeitern empfohlen werden.
Viele Wohnprojekt-Gruppen machen während ihrer langjährigen intensiven Vorbereitungsphase ähnliche Erfahrungen und daher wird eine erfolgreiche Projekt-Kerngruppe selten 15 Erwachsene überschreiten. Allerdings sollte diese Erfahrung nicht voreilig auf die spätere Bewohneranzahl übertragen werden. Denn trotz hoher Solidarität im gemeinschaftlichen Wohnen, sind die Nachbarschaftsbeziehungen der Bewohner von einer anderen Qualität, wie die gemeinsame Arbeit in der Projektgruppe.
Eine zu kleine Gruppe birgt die Gefahr der überhand nehmenden gegenseitigen sozialen Kontrolle, wohingegen größere Gruppen eher die gegenseitige Toleranz fördern.
Je mehr Bewohner, um so mehr Räume, Gegenstände etc. können gemeinsam finanziert und geteilt werden. Um z.B. die im Artikel FAMILIEN beschriebenen Möglichkeiten realisieren zu können und die finanzielle Umlage für jeden einzelnen niedrig zu halten, benötigt es ca. 100 Bewohner.
Eine höhere Bewohneranzahl führt auch zu mehr sozialer Vielfalt auf allen Ebenen, ermöglicht eine bessere Verteilung von Aufgaben (jeder nach seinen Wünschen und individuellen Fähigkeiten), macht unabhängiger von der Fluktuation einzelner Bewohner und sorgt dadurch für eine größere langfristige Stabilität der Gemeinschaft.
Nicht jeder harmoniert gleich gut mit jedem anderen in der Gruppe. In einer größeren Gemeinschaft kann man einerseits einem Mitbewohner einfacher aus dem Weg gehen und andererseits eher Personen finden, die auf derselben Wellenlänge sind. Dies kann helfen Konformitätsdruck zu vermeiden und das Zusammenleben zu entspannen.
Damit in einer Mehrgenerationen-Gemeinschaft wie NOVAMILIA auch langfristig die dort lebenden Kinder mit anderen Kindern derselben Altersgruppe spielen können, darf die Gemeinschaft nicht zu klein sein. Rechenbeispiel: Bei einer Gruppengröße von 80 Bewohnern, einer angenommenen Lebenserwartung von 80 Jahren und einer gleichmäßigen Altersverteilung der Bewohner würde jedes Kind über und unter sich je einen Spielkameraden finden. Da die Realität so gut wie immer von diesem Rechenbeispiel abweichen wird, aber dies nicht zu Lasten der Kinder gehen darf, sollte die Bewohneranzahl eher größer als kleiner 80 Bewohner sein.
Kleinere Gemeinschaften, wie z.B. die in den 1960er- und 1970er-Jahren entstandenen meist 10 bis 30 Personen umfassenden (Land-) Kommunen, haben nur in seltenen Fällen mehrere Jahrzehnte überdauert.
Weitgehend autark lebende Selbstversorger-Gemeinschaften erreichen in der Regel Größen von 300 bis 700 Personen. Zugunsten des hohen Grades an Selbstversorgung und der dafür erforderlichen hohen Arbeitsteilung nehmen sie in Kauf, dass wegen der notwendigen höheren Anzahl Personen die Gemeinschafts-Orientierung etwas in den Hintergrund tritt und nicht mehr jeder jeden kennen kann. (siehe z.B. Finca Sonador und Damanhur)
Langfristig stabile Nicht-Selbstversorger mit hoher Gemeinschafts-Orientierung bewegen sich in einem Größenbereich von ca. 60 bis ca. 150 Personen. (siehe z.B. Kommune Niederkaufungen und Ökodorf Sieben Linden)
Unter der Dunbar-Zahl (englisch Dunbar’s number) versteht man die theoretische kognitive Grenze der Anzahl an Menschen, mit denen eine Einzelperson soziale Beziehungen unterhalten kann. Das Konzept wurde vom Anthropologen Robin Dunbar entwickelt. Die Dunbar-Zahl beschreibt die Anzahl der Personen, von denen jemand die Namen und die wesentlichen Beziehungen untereinander kennen kann. Dunbar sieht die Anzahl als Eigenschaft bzw. Funktion des Neocortex. Im Allgemeinen betrage die Dunbar-Zahl 150, wobei die Anzahl der Freunde individuell zwischen 100 und 250 schwanken könne. (Quelle: de.wikipedia.org, hier etwas ausführlicher: en.wikipedia.org)
Da auch noch Beziehungen zu Personen außerhalb der Gemeinschaft bestehen (Familie, Freunde, Arbeitskollegen etc.), sollte die Dunbar-Zahl von 150 Menschen nicht ausgereizt, sondern eine maximale Anzahl von ca. 100 Bewohnern möglichst nicht überschritten werden.
Schon vor über 1,5 Millionen Jahren bauten unsere Vorfahren einfache Hütten, beherrschten das Feuer und nutzten diese und andere Fertigkeiten, um in kleinen Gruppen aus Afrika kommend Europa und Asien zu besiedeln. Von diesen Ursprüngen bis vor wenigen Jahrtausenden lebten unsere Vorfahren in Jäger- und Sammler-Gruppen, was über 99 Prozent der Menschheitsgeschichte entspricht und daher tief in unsere Gene eingegraben ist.
Die Größe dieser historischen und aktuellen Jäger- und Sammler-Gruppen hat eine ungefähre Spannweite von 30 bis 100 Mitgliedern je Gruppe. (siehe de.wikipedia.org)
Eine unserer inneren Natur entsprechende Lebensweise sollte daher zu Gemeinschaftsgrößen bis zu 100 Mitgliedern tendieren.
Dies ist aber natürlich kein Aufruf zum Rückzug in die Lebensweise der Altsteinzeit, sondern kann ganz im Gegenteil die sichere soziale Basis schaffen, für die in unserer modernen arbeitsteiligen Gesellschaft geforderte hohe Individualität und berufliche Mobilität. (Ein Beispiel dafür findet sich im Artikel UMZUG IN EINE NEUE STADT.)
Alle vorgenannten Ansätze führen zu einer ähnlichen optimalen Gemeinschaftsgröße. Um uns aber bei der Suche nach Immobilien und Baugrundstücken gleichzeitig ein Minimum an Flexibilität zu bewahren, formulieren wir das Optimum in einer Bandbreite:
75 bis 100 Bewohner